E. Peter: Kult und Opferplätze in Deutschland

Titel
Kult- und Opferplätze in Deutschland. Eine virtuelle Reise von der Steinzeit bis zum Mittelalter


Autor(en)
Peter, Ernst
Erschienen
Stuttgart 1999: Theiss Verlag
Anzahl Seiten
1 CD-ROM, Begleith. 50 S.
Preis
DM 68,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Dr. Claudia Theune-Vogt, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

Unter der Leitung von Peter Ernst ist im Theiss-Verlag eine CD-ROM zu Kult- und Opferplätzen in Deutschland erschienen. Grundsätzlich ist zu sagen, daß der Begriff Kult- und Opferplätze schwierig zu umreißen ist. Man assoziiert hiermit zunächst einmal wohl nur Orte, an denen religiöse und kultische Handlungen ausgeübt worden sind, also alle Befunde, die mit der Geisteswelt der urgeschichtlichen Menschen in Verbindung zu bringen sind. Neben diesen eigentlichen Opferplätzen fallen aber auch Bestattungsplätze in den weiteren Kontext. So werden denn auch im Programm beide Befundarten gemeinsam unter dem Begriff Kultplätze abgehandelt, eine stärkere Trennung wäre hier wünschenswert gewesen.

Als Betriebsvoraussetzungen wird Windows 3.11 angegeben. Die Hardware sollte mindestens mit einem 486er/60 MHz Prozessor und 8 MB Arbeitsspeicher sowie einem 4fachen CD-ROM-Laufwerk ausgestattet sein, des weiteren muß eine Soundblasterkarte vorhanden sein. Um allerdings das Programm optimal laufen zu lassen, sollten schnellere Komponenten eingebaut sein.

Das Programm ist auf allen Ebenen übersichtlich gestaltet, und der Nutzer findet sich leicht durch das Programm und die Menüs. So ist denn die angebotene Hilfe wenig umfangreich, mehr wird wohl aber auch nicht benötigt. Auf dem Startbildschirm werden die Hauptbestandteile des Programms "Kultplätze", "Geschichte" und "Museen" angeboten. Darüber hinaus kann hier im Menüpunkt "Sound" die untermalende Musik unter insgesamt 17 Stücken ausgewählt werden; in den Informationen werden die Autoren vorgestellt. Die Autoren haben zum Thema gründlich recherchiert und bieten dem Nutzer in der Regel die aktuelle Forschungsmeinung zu den einzelnen Fundstellen und übergreifenden Fragestellungen. Ein recht umfangreiches Literaturverzeichnis mit den wichtigsten neueren Fachpublikationen ergänzt die Texte und bietet einen guten vertiefenden Einstieg. In einem ausführlichen Glossar werden zahlreiche Fachbegriffe erklärt.

Zur Einführung in die Thematik empfiehlt sich der geschichtliche Überblick, der im Menü Geschichte angeboten wird. Dieser Teil ist in drei Bereiche gegliedert: die Zeitleiste, die Völkerschaften und die Geisteswelten. Jeweils erfährt der Leser in unterschiedlich langen Texten, die von einigen Bildern begleitet werden das Wesentliche zum Thema, ohne daß die Autoren ins Detail gehen. Hier und da sind manche Unkorrektheiten zu verzeichnen (z. B. gab es in der Bandkeramik noch keine Erdwerke), die Texte vermitteln aber einen soliden Überblick und sind flüssig und gut lesbar geschrieben. Knappe Literaturhinweise am Ende ermöglichen eine Vertiefung. Die Zeitepochen werden in Paläolithikum, Mesolithikum, Neolithikum, Bronzezeit, Eisenzeit, Hallstattzeit, Latènezeit, Römische Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit unterteilt, womit alle wichtigen Zeitabschnitte umrissen sind. Anders ist dies bei den "Völkerschaften"; vorgestellt werden das Mesolithikum, die Bandkeramik, die Rössener Kultur; die Michelsberger Kultur, die Glockenbecher, die Kelten, die Germanen und die Slawen. Die Auswahl ist willkürlich und nicht sehr glücklich. Lediglich die drei letztgenannten Gruppen lassen sich noch mit historisch bekannten Ethnien in Verbindung bringen. So werden denn auch zu den Kelten, den Germanen und den Slawen wichtige aus den schriftlichen Quellen bekannte Abläufe dargestellt. Die übrigen hier aufgeführten Völkerschaften sind lediglich archäologische Gruppen, die gewisse kulturelle Komponente gemeinsam haben und so als eine archäologische Kulturgruppe angesehen werden, die aber auch über weite Teile Europas verbreitet waren. Völlig unklar ist indes, ob diese steinzeitlichen Gruppen sich auch als ein Volk verstanden haben. Die wenigen materiellen Güter, die der Archäologie zur Verfügung stehen, reichen für eine solche weitreichende Schlußfolgerung nicht aus. So wird im Programm auch nur eine allgemeine Einführung in die jeweilige archäologische Kultur gegeben, wobei sich gerade diese Texte mit den entsprechenden Texten im Bereich "Geschichte" vielfach überschneiden. Abgesehen davon ist nicht verständlich, warum hier den steinzeitlichen Menschen (Mesolithiker bis Glockenbecher) ein so breiter Raum eingeräumt wird im Gegensatz zu den übrigen behandelten menschlichen Gemeinschaften.

Im Bereich Geisteswelten werden einerseits die Götterwelten behandelt, sofern sie aus archäologischen Funden erschlossen werden können bzw. durch die antiken Autoren überliefert sind. Dabei werden zwangsläufig nicht alle Zeitepochen gleichmäßig abgedeckt. Neben den weiblichen Götterfiguren wird ausführlicher auf die keltischen römischen und griechischen, germanischen und slawischen Götter eingegangen. Von Bedeutung sind übergreifende Themen wie das daseitlich differenzierte Totenbrauchtum, Hort- und Depotfunde (Opfergaben), besondere Steindenkmäler, Kultbauten, Kult und Kunst.

Kernstück des Programms ist die Darstellung der Kultplätze selbst. Auf einer Karte wird Deutschland in neun Regionen untergliedert. Beim Anklicken einer Region öffnet sich eine größere Karte mit der Markierung der einzelnen behandelten Kult- und Opferplätze. Beim Anklicken eines Ortes erscheinen ein Text zu dem Fundplatz sowie ein oder mehrere Bilder. In der Regel werden 10 - 15 Fundorte pro Region in Wort und Bild vorgestellt. Bei der Hälfte der Kultplätze steht auch ein Video zur Verfügung. Unter "Lage" öffnen sich eine Straßenkarte aus der betreffenden Region und eine Zugangsbeschreibung. Dies führt den Nutzer aber in der Regel nur bis in die betreffende Ortschaft. Da gerade die Kultplätze als Denkmäler außerhalb der heute bebauten Ortschaften liegen, dürfte es schwerfallen, sie mit Hilfe der Beschreibungen wirklich aufzufinden.

Einige Literaturhinweise am Ende des Textes ermöglichen dem Nutzer wiederum einen vertiefenden Einstieg. Anzumerken ist, daß nur sehr wenige reine und durch die archäologischen Untersuchungen gesicherte Kultplätze vorgestellt werden. Sehr häufig sind auch unterschiedliche Bestattungsplätze mit aufgeführt, die nur bedingt mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Unklar ist, warum zahlreiche Orte mitgenannt und vorgestellt werden, die keinerlei oder höchst fragwürdige Funde und Befunde im kultischen Zusammenhang erbracht haben (Alte Taufe; Grauer Altar, Pfahlbauten am Bodensee, Porta Nigra in Trier, u.a.m.). Es wird zwar in der Regel erwähnt, daß es sich um unsichere oder gar keine Kultplätze handelt, man fragt sich aber, warum sie dann in die Liste mit aufgenommen wurden. Andere, gut durch archäologische Befunde und Funde bekannte kultische Denkmäler, etwa etliche der sogenannten keltischen Viereckschanzen, werden zwar im Menüpunkt Geschichte und im Glossar erwähnt, aber es finden sich hier keine der noch gut im Gelände sichtbaren Anlagen in Baden-Württemberg oder Bayern. Das gleiche gilt für weitere bekannte Kultstätten wie das Thorsberger Moor oder auch verschiedene frühe Kirchenbefunde.

Die in zahlreichen Fällen einzuspielenden Videos sind unter dem Gesichtspunkt der Computeranimation wenig ansprechend. In der Regel handelt es sich nur um einfache Kameraschwenke über die Denkmäler oder gezoomte Standbilder. Das Video über die Sonnenwendfeier an den Externsteinen gehört außerdem in den Bereich der Esoterik und sollte in einem für Archäologen und Hobbyarchäologen bestimmten Programm nicht vorkommen.

Die Auswahl der im Menüpunkt "Museen und Exkursionen" angebotenen Informationen ist nicht vollständig. Dies betrifft einerseits die Liste der Museen selbst und andererseits die zugehörigen Informationen. Die 22 angebotenen Museen sind nicht gleichmäßig über Deutschland verteilt, ein Auswahlkriterium ist nicht erkennbar. Die Autoren wissen um die Unvollständigkeit und hoffen, in einer weiteren Edition die Liste zu komplettieren. Ungünstig ist, daß die elementaren Informationen bzgl. Adresse und Öffnungszeiten unterschiedlich vollständig sind und verschieden im Text plaziert sind (gar nicht oder am Beginn oder Ende). Hier wünscht man sich Einheitlichkeit. Die Museenauswahl reicht von großen Landesmuseen etwa in Stuttgart bis zu kleineren Freilichtmuseen, die eventuell auch einen thematischen Schwerpunkt haben. Zusätzlich werden noch drei Anbieter von archäologischen Reisen/Exkursionen genannt. Da einer der Anbieter Mitautor des Programmes ist, kommt dies einer Werbung gleich. Zudem ist die Liste in keiner Weise vollständig. Gleiches gilt für die Internetadressen mit archäologierelevanten Homepages. Die genannte Seite (www.archaeologie.de) ist eher für klassische Archäologen von Interesse, weniger für das hier zur Rede stehende ur- und frühgeschichtliche Thema der Kult- und Opferplätze in Deutschland. Über die Internetseite des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Freiburg erhält man mehr und speziellere Informationen, bzw. sind hier die Links zu weiteren relevanten Internetadressen vorhanden.

Insgesamt ist zu sagen, daß das Programm mit seinen Textinformationen zu den Überblicksthemen und den einzelnen Fundorten solide Informationen bietet, die aber auch in Buchform (preiswerter) hätten erscheinen können. Die heute vorhandenen Möglichkeiten einer CD-ROM werden mit dieser "virtuellen Reise von der Steinzeit bis zum Mittelalter" nicht ausgeschöpft. Als unangenehm empfindet die Rezensentin außerdem, daß der Autor P. Ernst grundsätzlich am linken Bildschirmrand steht und sozusagen selbst das Programm betrachtet sowie sein auffällig häufiges Erscheinen in den Videos. Hier wie bei den oben schon erwähnten Reisen sowie auch im Bereich Sound wird mit dem Mittel der Werbung gearbeitet, ein sehr störender Aspekt.

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